Sie möchten Ihren Beschäftigten eine bessere Employee Experience bieten? Sie möchten also Usability und UX (UUX) der intern verwendeten Software- oder Webanwendungen verbessern? Da liegt es nah, sich von Profis helfen zu lassen. Doch nicht immer ist die Zusammenarbeit mit einem Dienstleister so fruchtbar, wie man sich das wünscht. “Das hat ja gar nichts gebracht” kann da im schlimmsten Falle die Erkenntnis sein, nachdem viel Zeit, Mühe und Geld investiert wurden.
Die gute Nachricht ist: Das lässt sich vermeiden. Hier sind 5 Tipps, was es vor der Auftragsklärung zu bedenken gilt, was Sie mit Ihrem UUX-Dienstleister frühzeitig besprechen sollten und was sonst noch wichtig ist, um den größten Nutzen aus der Zusammenarbeit mit UUX-Profis zu ziehen.
#1: Warum wollen Sie UUX-Expertise einbinden?
Zunächst sollten Sie sich bewusst machen, was Ihre Beweggründe sind, um UUX-Profis zu engagieren. Folgende Gründe kommen in der Praxis häufig vor:
Anforderung: Es gibt einen externen Anlass, der Sie als Hersteller einer behördlichen Fachanwendung oder Sie, die diese Fachanwendung gerne in Ihrer Verwaltung einsetzen möchten, dazu bringt, sich mit den Themen Gebrauchstauglichkeit und Barrierefreiheit zu beschäftigen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Gutachten zur Barrierefreiheit gefordert ist aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu barrierefreier Informationstechnik (Überblick [1]), wie z.B. der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BITV 2.0 [2]). Häufig fordern Personalrät*innen und Schwerbehindertenvertreter*innen eine Begutachtung für die Zustimmung zur Nutzung einer Software als Arbeitsmittel ein, u.a. auf Basis der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV, §3 [3]). Es kann aber beispielsweise auch eine Anforderung in Ausschreibungen sein.
Marketing: Ein anderer Grund kann sein, dass Sie zu der Erkenntnis gelangt sind, dass eine externe Prüfung der Barrierefreiheit und Gebrauchstauglichkeit ein Marketing-Mehrwert für die eigene Fachanwendung ist. Sie möchten als Hersteller nach außen zeigen, dass Ihnen das Thema wichtig ist und Sie möchten sich auf dem Markt damit positionieren, dass Ihre Fachanwendung für alle Nutzer*innengruppen effizient, zufriedenstellend und barrierefrei nutzbar ist.
Verbesserungsbedarf: Oder Sie sind in der Produktentwicklung oder stehen vor der Überarbeitung Ihrer Fachanwendung und sehen die Notwendigkeit für UUX-Verbesserungen. Sie sind sich nicht sicher, welches Interaktionsdesign für Ihre Kund*innen leichter verständlich ist oder haben bereits das Feedback bekommen, dass es bei Ihrer behördlichen Fachanwendung gewisse Nutzungshürden gibt. Sie sind also auf der Suche nach gezielten Ansatzpunkten und Stellhebeln, um Ihre Fachanwendung besser und einfacher nutzbar zu machen.
Die Ausgangsmotivation unterscheidet sich bei diesen drei Szenarien deutlich. Aber egal von welcher Seite her Sie auf das Thema stoßen, sollten Sie für sich diese Frage beantworten:
#2: Möchten Sie Ihr Produkt verbessern?
Das heißt: Möchten Sie mit den Ergebnissen, die Sie durch die Arbeit eines UUX-Dienstleisters erhalten, tatsächlich etwas anfangen? Möchten Sie damit weiterarbeiten? Sollen diese etwas bewirken?
Diese Frage stellt sich insbesondere bei den ersten beiden Beweggründen.
Wollen Sie das Gutachten, um das Gutachten zu haben?
Oder wollen Sie an den noch bestehenden Schwachstellen arbeiten und das Gutachten so zielgerichtet nutzen, um Ihre Website oder Ihre Software besser zu machen?
Wollen Sie einfach ein Siegel, das für das Marketing gut aussieht?
Oder wollen Sie echte Verbesserungen, die sich nachhaltig gut vermarkten lassen?
Wenn Sie nur das Gutachten oder ein Siegel fürs Marketing wollen, ist das natürlich Ihr gutes Recht. Nur sollten Sie sich am Ende nicht wundern, wenn die Fachanwendung dadurch dann nicht besser geworden ist.
Wenn Sie die Ergebnisse für echte Verbesserungen nutzen möchten, sind die folgenden Punkte wichtig für eine gute Zusammenarbeit mit UUX-Profis.
#3: Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Einbindung eines Dienstleisters?

So unterschiedlich die Projekte sind, so unterschiedlich sind auch die Phasen, in denen wir als Dienstleister typischerweise einsteigen.
Dennoch können wir festhalten, dass es nur einen einzigen falschen Zeitpunkt für die Einbindung gibt: Dann, wenn alles gerade fertiggestellt ist und es keine Zeit und keine Ressourcen mehr für Änderungen gibt.
Das mag banal klingen, ist aber oft genug Realität.
Meistens sind die Ursachen hierfür fehlende Planung und fehlende Abstimmung zu einem sinnvollen Projektverlauf. Mal wird ein Dienstleister überhaupt erst spät eingebunden (weil jemandem “auf den letzten Drücker” einfällt, dass man ein UUX-Gutachten braucht) oder die Abläufe sind nicht besprochen und es erscheint dem Kunde unkomplizierter, die Softwareanwendung zunächst fertig zu stellen und erst dann begutachten zu lassen. Meist fehlt in diesem Fall am Ende die Zeit für Anpassungen.
Abgesehen von dem einen nicht geeigneten Zeitpunkt gibt es viele Möglichkeiten, die Einbindung von UUX-Profis sinnvoll zu gestalten.
Über den gesamten Softwareentwicklungsprozess hinweg gibt es viele geeignete Ansatzpunkte, z.B.
- wenn die Anforderungen festgelegt sind,
- wenn ein erster, zweiter, dritter, … Prototyp vorliegt,
- wenn eine erste Release-Version vorliegt,
- wenn eine Überarbeitung der fertigen Fachanwendung ansteht.
#4: Was ist die passende Methode für meinen Bedarf?
Es gibt ein breites Methodenspektrum, um die Basis für eine gute Usability, User Experience und Barrierefreiheit zu legen.
Grundsätzlich kann unterschieden werden zwischen Expertenverfahren, wie heuristische Evaluationen, und Methoden, die aktiv die Nutzer*innen einbinden, wie beispielsweise Fokusgruppen, Interviews, Online-Befragungen und Usability-Tests..
Bei heuristischen Evaluationen prüfen erfahrene UUX-Profis auf der Basis der gültigen Normen, inwieweit Ihre Fachanwendung die Anforderungen an Gebrauchstauglichkeit (z.B. DIN EN ISO 9241) und Barrierefreiheit (DIN EN 301549) erfüllt. Das standardisierte Vorgehen ermöglicht einen fundierten und strukturierten Blick auf Hindernisse für eine einfache und barrierefreie Nutzung und gibt schnelle Anhaltspunkte für Verbesserungen. Sie lassen sich zu verschiedenen Projektzeitpunkten und in umfassender Form oder als Vorscreening einsetzen.
Die Gebrauchstauglichkeit einer Fachanwendung hängt entscheidend davon ab, wie gut diese zu den Nutzungsanforderungen passt. Auch der Erfahrungshintergrund, die Erwartungen und die mentalen Modelle der Nutzer*innen spielen eine wichtige Rolle. Die Einbindung der Nutzer*innen ist deshalb von besonderer Bedeutung.
- Interviews mit einzelnen Nutzer*innen oder Fokusgruppen mit mehreren Personen können dabei wichtige Erkenntnisse liefern, sowohl wenn es um die Spezifizierung der Nutzungsanforderungen an die Fachanwendung oder die Erfassung von Erfordernissen und Erwartungen geht, als auch wenn Sie die Erfahrungen der Nutzer*innen mit Ihrer bestehenden Fachanwendung im Detail verstehen und evaluieren möchten, z.B. im Vorfeld eines Relaunches.
- Online-Befragungen ermöglichen es, ein differenziertes und breit aufgestelltes Stimmungsbild zu erhalten. Auch können Erkenntnisse aus eher individuell geprägten Methoden wie Interviews an einer größeren Menge an Personen aus der Zielgruppe validiert werden.
- Die Königsdisziplin sind Usability-Tests, bei denen die direkte Interaktion der Nutzer*innen mit der Fachanwendung Gegenstand der Betrachtungen ist. Usability-Tests können zu jedem Zeitpunkt des Entwicklungsprozesses eingesetzt werden – frühe Prototypen lassen sich genauso gut testen wie weit vorangeschrittene Versionen einer Fachanwendung..
Das Spektrum an einsetzbaren Methoden ist groß. Auch ist skalierbar, wie zeit- und ressourcenaufwändig die einzelnen Methoden eingesetzt werden. Entscheidend ist, dass sie zu den konkreten Zielen im jeweiligen Projekt- bzw. Entwicklungsstadium passen.
#5: Gute Planung ist alles

Die Basis für erfolgreiche und nutzenbringende Projekte liegt in einer guten Auftragsklärung. Was soll wann gemacht werden? Und wie fügt es sich gut in Ihre Prozesse ein? Oft führen mehrere Wege nach Rom und nicht der erste Vorschlag muss immer gleich zu Ihnen und Ihren Rahmenbedingungen passen.
- Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für ein Vorbereitungstreffen. Beraten Sie in Ruhe mit Ihrem UUX-Dienstleister, welche Vorgehensweisen für Sie passen könnten. Lassen Sie sich Alternativen aufzeigen und nutzen Sie die Erfahrung der UUX-Profis.
- Planen Sie nicht nur die Analyse in Ihr Projekt ein, sondern auch die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen. Dem Thema wird bei der Auftragsklärung oft nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet. Aus der Analyse ergeben sich Empfehlungen. Und der Arbeitsschritt von der Empfehlung zur konkreten Maßnahme oder Verbesserung, die dann umgesetzt werden kann, ist wichtig und nicht zu unterschätzen. Die Analyse ist dabei immer nur der erste Schritt.
- Die Erfahrung zeigt: Eine frühzeitige Einbindung kleinerer Evaluationsschritte ist wesentlich zielführender als eine umfangreiche Evaluation am Ende der Softwareentwicklung. Anpassungen lassen sich zu einem früheren Entwicklungszeitpunkt viel leichter und ressourcenschonender vornehmen und Lösungsvarianten können bei einem iterativen Vorgehen schneller auf Wirksamkeit geprüft werden. Auf den ersten Blick wirkt solch ein Vorgehen komplexer und zeitaufwändiger. In der Summe spart man auf diese Weise in hohem Ausmaß Ressourcen für späte, aufwändige Korrekturen und minimiert das Risiko, grundlegende Probleme im Interaktionsdesign und der Informationsarchitektur erst zu einem Zeitpunkt zu entdecken, zu dem eine Anpassung nicht mehr sinnvoll möglich ist.
Nutzen Sie das Potenzial, dass sich aus den UUX-Methoden für Ihr Produkt und Ihre Mitarbeiter*innen ergibt. Verbessern Sie die digitale Employee Experience anstatt sich darauf zu beschränken, den Status Quo zu erheben.
Wir wünschen viel Erfolg auf diesem Weg und unterstützen Sie gerne.
0 Kommentare zu “Wie setzen Sie UUX-Profis so ein, dass sie Ihnen den meisten Nutzen bringen?”